Abgrenzung Scheinselbstständigkeit

Kündigt ein Mitarbeiter, damit er sich selbstständig machen kann und arbeitet er nach der Kündigung als freier Mitarbeiter weiter bei dem selben Arbeitgeber, ist die zuvor ausgeübte Beschäftigung kein Indiz dafür, ob eine weitere sozialversicherungspflichte Tätigkeit vorliegt. Relevant ist dabei, dass die freie Mitarbeit dem Aufbau der Selbständigkeit dient.

Im Streitfall (LSG Rheinland-Pfalz 12.12.2017, L 6 R 133/17) kündigte eine Steuerberaterin ihr Angestelltenverhältnis, um sich selbstständig zu machen. Sie arbeitete als freie Mitarbeiterin ohne schriftliche Vereinbarungen in der Kanzlei weiter, vermindert jedoch die Arbeitszeit im Verhältnis zum Aufbau der eigenen Existenz. Eineinhalb Jahre arbeitete sie dort weiter. Die Rentenversicherung ging von einem fortgeführten Arbeitsverhältnis aus.

Das Landessozialgericht beschäftigte sich aufgrund der fehlenden schriftlichen Vereinbarung die tatsächlich gelebten Verhältnisse und entschied, dass es sich um eine selbstständige Tätigkeit handelte. Das Ergebnis resultiert aus folgenden Kriterien:

  • Es bestand ein Unterschied zwischen Anstellungsverhältnis und Aufbau einer eigenen Kanzlei.
  • Die Steuerberaterin besaß keinen eigenen Arbeitsplatz in der ehemaligen Kanzlei.
  • Eine Weisungsgebundenheit für die Steuerberaterin lag nicht vor.
  • Die eigene Kanzlei wurde tatsächlich aufgebaut.
  • Das Honorar lag über dem Gehalt eines angestellten Steuerberaters.

Sofern eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Auftraggeber und dem freien Mitarbeiter vorliegt, ist diese maßgebend für die Beurteilung der Selbstständigkeit. Dennoch sind die tatsächlichen Verhältnisse zu berücksichtigen.

Der Inhalt des Artikels ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der Rechtsmaterie machen es notwendig, Haftung und Gewähr auszuschließen. Diese Information ersetzt nicht die individuelle persönliche Beratung. Bitte setzen Sie sich gegebenenfalls mit uns zwecks Terminvereinbarung in Verbindung.

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